Kann die Wahrheit gelehrt werden? Gemäß der sokratischen Mäeutik kann ein Mensch den anderen nichts lehren, das nicht zuvor bereits in diesem veranlagt gewesen wäre. So gestaltet sich die Frage nach der Wahrheit als eine Frage nach etwas, das schon immer (ewig) im Denkvermögen präsent ist und nur erinnert zu werden braucht (Anamnesis-Lehre Platons). In solch einem immanenten Denksystem stellt sich gar nicht erst die Frage nach der Zeit, da einer solchen Frage nicht das Gewicht der Wahrheit innewohnte. Immanent betrachtet, gibt es keinen zeitlichen Ausgangspunkt für das, was ewig ist – die Wahrheit. “Der zeitliche Ausgangspunkt ist ein Nichts; denn im selben Augenblick, da ich entdecke, daß ich von der Ewigkeit an die Wahrheit gewußt habe, ohne es zu wissen, im selben Nu ist jener Augenblick im Ewigen verborgen, darin aufgenommen, so daß ich sozusagen ihn nicht einmal finden kann, selbst wenn ich ihn suchte, weil da kein Hier und Da ist, sondern nur ein ubique und nusquam [überall und nirgends].” (PB, 2016, S. 15.) Sollte es aber doch einen Ausgangspunkt geben, dann muss er ein entscheidender Augenblick sein, denn hier käme das Ewige zustande. Im ersten Kapitel der „Philosophische[n] Brocken“ führt J. Climacus (ein Pseudonym Kierkegaards) die Kategorie „Augenblick“ an, um den Übergang vom Nichtsein zum Sein zu erklären. Damit ist der Augenblick ein Ausdruck des Werdens. Schon an einem sehr frühen Zeitpunkt der Geschichte der westlichen Philosophie ist auf die Unmöglichkeit des Übergangs vom Nichts zum Sein innerhalb des Denkens verwiesen. Genau hier setzt Kierkegaards Vorhaben an: Der Fehler bei der Annahme der Unmöglichkeit eines Übergangs sei, anzunehmen, wenn es den Übergang tatsächlich gäbe, dann müsse er sich logisch-immanent nachvollziehen lassen. Die Lehrveranstaltung setzt sich intensiv mit der Schrift „Philosophische Brocken“ auseinander, sowie dem dritten Kapitel der Schrift „Der Begriff Angst“. Der Einstieg erfolgt über "Die Unwissenschaftliche Nachschrift". Im Fokus stehen der Zugang zum Verständnis der Argumentation Kierkegaards, das Nachvollziehen des kritischen Ansatzes der Methode, sowie des Inhalts der Schriften, und der Bezug zu den Fachbegriffen (das absolute Paradox, der Sprung, der Glaube, der Einzelne, die Grenze usw.).
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