Seminar: 4.03.1152 Einführung in die stoische Philosophie - Details

Seminar: 4.03.1152 Einführung in die stoische Philosophie - Details

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Allgemeine Informationen

Veranstaltungsname Seminar: 4.03.1152 Einführung in die stoische Philosophie
Untertitel
Veranstaltungsnummer 4.03.1152
Semester WiSe21/22
Aktuelle Anzahl der Teilnehmenden 54
erwartete Teilnehmendenanzahl 40
Heimat-Einrichtung Institut für Philosophie
Veranstaltungstyp Seminar in der Kategorie Lehre
Erster Termin Montag, 18.10.2021 10:00 - 12:00
Art/Form Seminar
Lehrsprache --

Räume und Zeiten

Keine Raumangabe
Montag: 10:00 - 12:00, wöchentlich

Modulzuordnungen

Kommentar/Beschreibung

Bitte lesen Sie folgenden Seminaraufriss inklusive Bibliographie und Zeitplan sorgsam, um sich zu entscheiden, ob Sie an der Lehrveranstaltung teilnehmen möchten.
Das erkenntniskritisch, kulturphilosophisch und ideenhistorisch-vergleichend ausgerichtete Seminar ist als wechselseitige Interaktion zwischen Vortrag und Plenumsdiskussion vorzustellender Philosophen und deren Ethiken konzipiert und nimmt die systematische Fahrt mit Epikurs Briefen und Fragmenten auf. Der Anfang mit Epikur eignet sich aus zwei Gründen: Erstens, weil er einen neuen, nicht-akademischen und allgemeinverständlichen Philosophiebegriff zum Ausgangspunkt der Reflexion über den Nutzen des lebenspraktischen Reflektierens, Sprechens und Handelns gelegt hatte. Zweitens wurde Epikurs Wahrnehmungstheorie (Aisthesis) und der damit verknüpfte Sensualismus in der römischen Epoche immer wieder – zustimmend oder negierend – rezipiert, so dass das Verständnis bei Seneca, Epiktet und Plutarch sich an zentralen Axiomen Epikurs (u. a.: Lebe im Verborgenen, Freiheit des Selbstbewusstseins) in krisenhafter Situationsgebundenheit (Bürgerkriege, Errichtung und Schutz des Prinzipats) ausrichtete und somit strukturell vergleichbar mit den ökonomisch-politischen und kulturellen Determinanten wird, die den chaotischen Epochenwandel der Jetztzeit bestimmen.
Krachte die römische Welt, wie der Dichter Horaz behauptete, doch nicht an ihren Übeln zusammen („si fractus illabatur orbis, inpavidum ferient ruinae“ – Wenn der Erdkreis einstürzte, träfe er einen Furchtlosen)? Aber die Trümmer römischer Herrschaft trafen durchaus Philosophen, die in post-cäsarischer Zeit von politischen Verschwörungen und Gewaltexzessen nicht verschont geblieben waren. Die gängige Praxis der Verbannung setzte jedoch den produktiven Impuls intellektueller Widerstandskraft als Gegenleiden frei. Stoiker verschafften sich inneren Halt, der sie unerschütterlich machte gegenüber äußeren Krisen wie Sklavenaufständen, höfischen Skandalen oder dem zwangsweise verordneten Exil. Charakterfeste Persönlichkeiten wie Seneca, der als Fürstenerzieher Neros tätig war, entwickelte unter schwierigen Verhältnissen die Sittenideale römisch-stoischer Philosophie.
Zentrale Fragen, die zu diskutieren und zu beantworten sind, haben sich auf die diagnostische und therapeutische Aufgabe der Philosophie zu beziehen: Was ist Philosophie, und wer sind ihre Adressaten? Wie ist die griechische Atomlehre gestrickt? In welchen Gattungen und Stilformen drückt sich stoisches Denken aus? Welche rhetorischen Mittel setzten Stoiker ein, um ihre Argumente rationaler Lebensführung zu begründen? Wie ist Epikurs Lehre der Ataraxia, Metanoia und Hedone aufgebaut, und wie hatte sie sich später perpetuiert? Gibt es Heilung und Befreiung von den Übeln? Kann der Mensch Glück erfahren, obschon er dem Tod geweiht ist und ihm existentielle Leidenserfahrungen nicht erspart bleiben? Können Affekte eingedämmt und Schmerzvermeidung erlernt werden? Welche Rolle spielt die ältere Stoa oder auch Platons Philosophie? Auf welche Weise wird der Selbstmord gerechtfertigt? Was bedeutet „sapere aude“, und welcher Zweck ist mit diesem Attribut verknüpft? Warum praktizieren stoische Philosophen die meditatio mortis? Wie schätzt Musonius Rufus die Rolle der Frau ein? Darf sie philosophieren, oder wird sie an den Kochtopf verbannt? Wie ist die Freiheitslehre des ehemaligen Sklaven Epiktet aufgebaut? Ergibt sich eine ideell-strukturelle Nähe zu den Briefen des Apostel Paulus und der darin begründeten neuen Soziallehre früher Christen? Kurzum: Worin besteht die praxistaugliche Zweckdienlichkeit, wenn man heute – im Zeitalter menschengemachter Klimakatastrophen, kapitalistischer Naturvergewaltigung und transzendentaler Orientierungslosigkeit – stoische Philosophen liest: Oder warum können sie für junge Oberstufenschüler, künftige Lehrer oder auch Kulturschaffende und Philosophieinteressierte anregend, reizvoll, packend, lohnend, lehrreich, fesselnd oder lebenswichtig sein?
Voraussetzungen und Erwartung: Regelmäßige Teilnahme, Neugierde, selbständige Lektüreaneignung und diskursive Bearbeitung der Primärtexte. Während der vorlesungsfreien Zeit sollten Epikurs Briefe und Fragmente (s. Bibliographie) zur Vorbereitung gelesen werden, denn mit ihnen beginnt die erste Seminarsitzung.
Organisation: Alle Primärtexte und die angegebene Forschungsliteratur stehen im Handapparat der UB (Philosophische Abteilung) zur Verfügung. Die Anschaffung der Primärliteratur, besonders die angegebenen Reclam-Ausgaben, ist zu empfehlen. Die Lehrveranstaltung findet online im BigBlueButton-Modus statt.
Primärliteratur:
Epiket: Handbüchlein der Moral (Griechisch/Deutsch). Aus dem Griechischen übersetzt von Kurt Steinmann. Stuttgart: Philipp Reclam Jun. 2008.
– Wie werde ich wirklich frei? In: Epiktet, Teles, Musonius. Wege zum Glück. Auf der Grundlage der Übertragung von Wilhelm Capelle neu übersetzt und mit Einführungen und Erläuterungen versehen von Rainer Nickel. München: Deutscher Taschenbuch Verlag 1991, S. 131-159.
– An einen, der sich mit dem Problem des Seins herumschlug. In: Ebd., S. 51f.
– Über soziale Beziehungen. In: Ebd., S. 63f.
– Über die Aufmerksamkeit. In: Ebd., S. 97-101.
– Wie man sich gegenüber Tyrannen verhalten soll. In: Ebd., S. 108-110.
– Was ist der Anfang der Philosophie? In: Ebd., S. 176-179.
– Was von ihm erhalten ist. Nach den Aufzeichnungen Arrians. Neubearbeitung der Übersetzung von J. G. Schulthess [1766] von R. Mücke. Heidelberg: Carl Winters Universitätsbuchhandlung 1924.
Epikur: Brief an Herodot. In: Ders.: Briefe, Sprüche, Werkfragmente. Griechisch/Deutsch. Übersetzt und herausgegeben von Hans-Wolfgang Krautz. Stuttgart: Philipp Reclam jun. 2007, S. 5-40.
– Brief an Menoikeus. In: Ebd., S. 41-51.
Plutarch: Ob es eine richtige Vorschrift sei: „Lebe im Verborgenen“ (Gegen Epikur). In: Ders.: Moralia. Band 2. Übersetzt von Christian Nathanael v. Osiander und Gustav Schwab. Herausgegeben von Christian Weise und Manual Vogel. Wiesbaden: Marix Verlag 2012, S. 866-870.
Seneca: De otio (Über die Muße). In: Ders.: De Otio. De providentia. Lateinisch/Deutsch. Übersetzt und herausgegeben von Gerhard Krüger. Stuttgart: Philipp Reclam Jun. 1996, S. 3-23.
– De providentia. In: Ebd., S. 25-65.
– De brevitate vitae (Von der Kürze des Lebens). Lateinisch/Deutsch. Übersetzt und herausgegeben von Josef Feix. Stuttgart: Philipp Reclam Jun. 1996.
– Philosophische Schriften. Lateinisch und Deutsch. Herausgegeben von Manfred Rosenbach. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1974 (Dritter Band. An Lucilius. Briefe 1-69; Vierter Band. An Lucilius. Briefe 70-124 [1984]). Dazu alternativ und zur Anschaffung empfohlen: Seneca: Briefe an Lucilius. Aus dem Lateinischen übersetzt von Heinz Gunermann, Franz Loretto, und Rainer Rauthe. Herausgegeben, kommentiert und mit einem Nachwort versehen von Marion Giebel. Stuttgart: Reclam Verlag 2014.
Rufus, Musonius: Dass auch die Frauen philosophieren sollten. In: Epiktet, Teles, Musonius: Wege zum Glück. Auf der Grundlage der Übersetzung von Wilhelm Capelle neu übersetzt und mit Einführungen und Erläuterungen versehen von Rainer Nickel. München: Deutscher Taschenbuch Verlag 1991, S. 222-226.
– Dass auch die Könige philosophieren sollten. In: Ebd., S. 238-244.
– Dass die Verbannung kein Übel ist. In: Ebd., S. 245-251.
– Von den Beziehungen der beiden Geschlechter. In: Ebd., S. 259-261.
– Ob die Ehe für Philosophen ein Hindernis ist? In: Ebd., S. 263-267.
Forschungsliteratur:
Christ, Karl: Geschichte der römischen Kaiserzeit. Von Augustus bis zu Konstantin [1988]. München: Verlag C. H. Beck 2009.
Diogenes Laertius: Epikur. In: Ders.: Leben und Meinungen berühmter Philosophen [3. Jh. v. Chr.]. Aus dem Griechischen übersetzt von Otto Apelt. Hamburg: Felix Meiner Verlag 1967, S. 223-295.
Gadamer, Hans Georg: Antike Atomtheorie [1936]. In: Ders.: Gesammelte Werke. Band 5. Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1985, S. 263-279 (UTB 2115).
Marx, Karl: Hefte zur epikureischen, stoischen und skeptischen Philosophie [1839]. In: Ders./Engels, Friedrich: Werke. Band 40. Berlin: Dietz Verlag 1985, S. 13-255.
– Differenz der demokritischen und epikureischen Naturphilosophie nebst einem Anhange [1841]. In: Ebd., S. 257-373.
Olligschläger, Uwe J.: Die Gesundheit der Seele: Sokrates – Seneca – Epiktet. Antikes Denken, moderne kognitive Psychotherapie und die Biochemie unserer Gedanken. Münster: LIT Verlag 2011, S. 123-276.
Porter, James I.: Living on the Ege: Self and World in extremis in Roman Philosophy. In: Classical Antiquity. Vol. 39, Issue 2, 2020, S. 225-283.
– The Sublime in Antiquity. Cambridge: Cambridge University Press 2016.
Sonnabend, Holger: Nero. Inszenierung der Macht. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2016.
Von den Hoff, Ralf/Stroh, Wilfried/Zimmermann, Martin (Hrsg.): Divus Augustus. Der erste römische Kaiser und seine Welt. München: C. H. Beck 2014.
Wöhrle, Georg: Epiktet für Anfänger. Gespräche und Handbüchlein der Moral. München: Deutscher Taschenbuch Verlag 2002.
Zeit- und Ablaufplan:
18. 10. 2021 Einführung, Epikur: Brief an Menoikeus.
25. 10. 2021 Epikur: Brief an Herodot.
01. 11. 2021 Epikur: Fragmente.
08. 11. 2021 Epikur: Fragmente.
15. 11. 2021 Seneca: Von der Kürze des Lebens.
22. 11. 2021 Seneca: Über die Muße.
29. 11. 2021 Seneca: Briefe an Lucilius.
06. 12. 2021 Seneca: Briefe an Lucilius.
13. 12. 2021 Epiktet: Was ist der Anfang der Philosophie? Handbüchlein der Moral.
10. 01. 2022 Epiktet: Handbüchlein der Moral.
17. 01. 2022 Musonius: Dass auch die Könige philosophieren sollten; Dass auch die Frauen philosophieren sollten.
24. 01. 2022 Musonius: Von den Beziehungen der beiden Geschlechter; Ob die Ehe für Philosophen ein Hindernis ist.
31. 01. 2022 Plutarch: Ob es eine richtige Vorschrift sei: „Lebe im Verborgenen“ (Gegen Epikur), Abschlussbesprechung.

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