Seminar: 4.03.1202 Friedrich Engels und Karl Marx: Theorie und Praxis in den Frühschriften - Details

Seminar: 4.03.1202 Friedrich Engels und Karl Marx: Theorie und Praxis in den Frühschriften - Details

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General information

Course name Seminar: 4.03.1202 Friedrich Engels und Karl Marx: Theorie und Praxis in den Frühschriften
Subtitle
Course number 4.03.1202
Semester WiSe23/24
Current number of participants 0
expected number of participants 30
Home institute Institute of Philosophy
Courses type Seminar in category Teaching
Type/Form Seminar
Lehrsprache deutsch

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Comment/Description

Möchten Sie erfahren und verstehen, wie die beiden Begriffe „Theorie“ und „Praxis“ in den Frühschriften von Marx und Engels miteinander verzahnt worden sind, und wie sich daraus eine Philosophie der Praxis entwickelt, die den gesellschaftlichen Gesamtzusammenhang in den Fokus historisch-materialistischer Analyse genommen hat?
Es gibt kaum ein wissenschaftliches Arbeitsgebiet, das der im frühindustrialisierten Barmen (Bergisches Land) geborene Friedrich Engels (1820-1895) – gelernter Kaufmann und späterer Mitbesitzer einer englischen Wollspinnfabrik in Manchester – als Theoretiker und Kritiker der kapitalistischen Moderne, engster Freund, Mäzen, Inspirator und Gesprächspartner von Karl Marx (1818-1883), Mitbegründer und Organisator der international ausgerichteten kommunistischen Arbeiterbewegung, nicht allein oder eben mit seinem Marx behandelte: Wirtschaft, Geschichte, Wissenschaft, Staat, Politik, Kriegswesen, Kunst, Religion und Gesellschaft. Tief verwurzelt im Pietismus, erkannte Engels schon im väterlichen Textilbetrieb die soziale Not der lohnarbeitenden Klasse, befreite sich aus der Beklemmung religiös-protestantischer Bevormundung durch kommentierende Berichte über den Bremer Pietismus-Streit und das Studium der Werke Hegels, Schellings und Feuerbachs.
Engels‘ erste Begegnung mit Marx 1842 verlief kühl. Dagegen bewirkte ein Treffen im August und September 1844 (insgesamt 12 Tage) die Wendung und gesteigerte publizistische Tätigkeit, die ihn – zensurbedingt – zunächst ins Exil nach Paris und Brüssel zwang. Nach der Märzrevolution von 1848 und nach seiner Beteiligung an bewaffneten Kämpfen in Elberfeld, der Pfalz und in Baden, flüchtete Engels 1849 über die Schweiz nach London, wo er eine berufliche Doppelexistenz als Unternehmer führte. Als Sprachgenie und glänzender Stilist, der 12 Sprachen aktiv und 20 Sprachen passiv beherrschte, war er über die sozialistische Entwicklung in Europa, den amerikanischen Sezessionskrieg und die Abschaffung der Sklaverei gut informiert und konnte bei der Ausarbeitung seiner Studien, Aufsätze und Essays aus vielen historischen Originalquellen schöpfen. Es entstehen erste symphilosophische Streit- und Schlüsselschriften des historisch-dialektischen Materialismus wie „Die deutsche Ideologie“ (1845/46) oder „Manifest der Kommunistischen Partei“ (1848, seit 2013: UNESCO-Weltdokumentenerbe) in wechselseitiger Anregung, wodurch beide Philosophen gleichsam an die frühromantische Schreibpraxis der Autoren der Zeitschrift „Athenaeum“ anknüpften. Engels ist und bleibt viel mehr als nur Zuarbeiter, Stichwortgeber oder Herausgeber von Marx‘ posthum veröffentlichten Kapital-Bänden (Bd. 2., 1885; Bd. 3., 1894). Schon mittels des frühen Aufsatzes „Umrisse zu einer Kritik der Nationalökonomie“ (1844) hatte er eine wichtige Vorstufe zu Marx‘ „Pariser Manuskripten“ (1844) und der 1867 erschienenen Analyse der Maschinerie des modernen Industriekapitalismus und der Arbeitswertlehre (Kapital, Bd. 1) vorgelegt.
Historisch-systematisch soll der Zugriff auf Engels und Marx als Gesellschaftstheoretiker erfolgen, die sich an den zeitgenössischen Gedankenbewegungen der Literatur und Philosophie des Selbstbewusstseins (Hegel, Feuerbach, Heine, Börne), oder an Max Stirners Anarchismus und den englischen Chartisten und französischen Sozialisten polemisch abrieben. Allerdings hatten Engels und Marx die bestehenden Verhältnisse nicht nur anders interpretiert, um sie wie jene dem Idealismus verhafteten Denker bloß anzuerkennen, sondern ihre neue Philosophie zeichnete sich durch historisch fundierte Kritik als Veränderung der bürgerlich-kapitalistischen Eigentums- und Rechtsordnung aus, die vom Industrieproletariat und der Arbeiterbewegung als revolutionäre Trägergestalt praktisch zu bewerkstelligen sei. Dabei bleibt, was gern übersehen wird, die Veränderung des Bewusstseins an den subjektiven Faktor und die Umstände gebunden, in denen jener sich herausgebildet hat. Kurzum: Wie Theorie und Praxis zur dialektischen Einheit verschmelzen, und wie das Emanzipationskonzept von Marx und Engels angesichts industrieller Krisenphänomene des Kapitalismus sich philosophisch konstituierte und begründet wurde, soll im Rahmen des Seminars herausgearbeitet werden. Zum Schluss des Seminars ist noch auf die Klassenkämpfe des Reformationszeitalters einzugehen, weil sich im Bauernkrieg von 1525 die progressiven und tragischen Momente deutscher Geschichte als ein unabgeschlossenes Säkularisierungs-, Revolutions- und Hoffnungsprojekt offenbarten.
Voraussetzungen: Leidenschaft und Lust, sich auf Engels‘ und Marx Texte einzulassen. Zur ersten Sitzung sollte Marx‘ Text „Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie. Einleitung“ gelesen sein. Sinnvoll ist es, sich alle Primärtexte über „ZVAB“ (Zentrales Verzeichnis antiquarischer Bücher“) oder den Buchhandel anzuschaffen; zudem wird ein Handappart in der UB eingerichtet.
Primärliteratur:
Engels, Friedrich: Umrisse zu einer Kritik der Nationalökonomie [1844]. In: Karl Marx/Friedrich Engels: Werke. Band 1. Berlin: Dietz Verlag 1988, S. 499-524 (fortan zitiert als MEW mit Band- und Seitenangabe der Texte).
Engels, Friedrich: Grundsätze des Kommunismus [1847]. In: MEW 4, S. 361-380.
Der deutsche Bauernkrieg [1850]. In: MEW 7, S. 327-413.
Marx, Karl/Engels, Friedrich: Die Deutsche Ideologie. Kritik der neuesten deutschen Philosophie in ihren Repräsentanten Feuerbach, B. Bauer und Stirner und des deutschen Sozialismus in seinen verschiedenen Propheten [1845/46]. In: MEW 3, S. 9-438.
Marx, Karl/ Engels, Friedrich: Manifest der Kommunistischen Partei [1848]. In: MEW 4, S. 459-493.
Marx, Karl: Zur Judenfrage [1843]. In: MEW 1, S. 347-377.
Marx, Karl: Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie. Einleitung [1843/44]. In: MEW 1, S. 378-391.
Marx, Karl: Ökonomisch-philosophische Manuskripte aus dem Jahr 1844. In: MEW 40, S. 465-588.
Marx, Karl: Thesen über Feuerbach [1845]. In: MEW 3, S. 5-7.
Forschungsliteratur:
Bluma, Lars (Hrsg.): Friedrich Engels. Ein Gespenst geht um in Europa. Begleitband zur Engelsausstellung 2020. Remscheid: Bergischer Verlag 2020.
Friedrich Engels (1820-1895). Friedrich Engels-Jahr 2020. Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins (Geschichte im Wuppertal), 29. Jg. Neustadt an der Aisch: VDS Verlagsdruckerei Schmidt 2020.
Goldschmidt, Werner/Holz, Hans Heinz/,/Labica, Georges/Lambrecht, Lars/ Pätzhold Detlev: Marxismus: In: Europäische Enzyklopädie zu Philosophie und Wissenschaften. Herausgegeben von Hans Jörg Sandkühler. Hamburg: Felix Meiner Verlag 1990, Band 3, S. 132-220.
Friedenthal, Richard: Karl Marx: Sein Leben und seine Zeit [1979]. München: Deutscher Taschenbuch Verlag 1981.
Fülberth, Georg: Friedrich Engels. Köln: PapyRossa Verlag 2018.
Gerber, Jan: Karl Marx in Paris. Die Entdeckung des Kommunismus. München: Piper Verlag 2018.
Haug, Wolfgang Fritz: Einführung in marxistisches Philosophieren. Hamburg: Argument Verlag 2006.
– Vorschule zur Philosophie der Praxis. Hamburg: Argument Verlag 2021.
Hosfeld, Rolf: Karl Marx. Reinbek bei Hamburg. Rowohlt Taschenbuch Verlag 2011.
Mayer, Gustav: Friedrich Engels. Eine Biographie. Erster Band: Friedrich Engels in seiner Frühzeit [1919]. Zweite, verbesserte Auflage. Haag: Martinus Nijhoff 1934. Ders.: Zweiter Band: Engels und der Aufstieg der Arbeiterbewegung in Europa. Haag: Martinus Nijhoff 1934.
Zeitplan:
16. 10. 2023 Einführung; Marx: Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie. Einleitung (1843)
23. 10. 2023 Marx: Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie
30. 10. 2023 Marx: Zur Judenfrage (1843)
06. 11. 2023 Engels: Umrisse zu einer Kritik der Nationalökonomie (1844)
13. 11. 2023 Marx: Ökonomisch-philosophische Manuskripte (1844)
20. 11. 2023 Marx: Ökonomisch-philosophische Manuskripte
27. 11. 2023 Marx: Thesen über Feuerbach (1845)
04. 12. 2023 Marx/Engels: Deutsche Ideologie (1845/46)
11. 12. 2023 Marx/Engels: Deutsche Ideologie (1845/46)
18. 12. 2023 Engels: Grundzüge des Kommunismus (1847)
08. 01. 2024 Marx/Engels: Das Manifest der Kommunistischen Partei (1848)
15. 01. 2024 Marx/Engels: Das Manifest der Kommunistischen Partei
22. 01. 2024 Engels: Der deutsche Bauernkrieg (1850)
29. 01. 2024 Engels: Der deutsche Bauernkrieg, Abschlussgespräch.

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