Seminar
(Das Hauptangebot an Seminaren zum Modul phi111 findet im WiSe statt. Es wird daher empfohlen, das Seminar (möglichst parallel zur Vorlesung und zum Tutorium) im WiSe zu belegen. Für Studierende, die das Seminar im WiSe nicht belegen können, wird im SoSe ein kleines Angebot an phi111-Seminaren vorgehalten. ) |
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4.03.1102 - Einführung in die Debatte um Willensfreiheit
Monday: 18:15 - 19:45, weekly (from 08/04/24)
Der Glaube an einen freien Willen ist fest in uns verankert. Bereits im Alten Testament wurde zum Beispiel Eva die Fähigkeit attestiert, sich für oder gegen die verbotene Frucht zu entscheiden. Auch der Bundesgerichtshof geht wie selbstverständlich davon, dass der Mensch „auf freie, verantwortliche, sittliche Selbstbestimmung angelegt“ und in der Lage ist, sich „für das Recht und gegen das Unrecht zu entscheiden“. Denn wie könnten Gerichte Menschen für Handlungen zur Rechenschaft ziehen, die sie sie nicht frei gewählt haben?
Aber ist die Idee eines freien Willens überhaupt mit unserer herkömmlichen Auffassung vereinbar, dass die Welt deterministisch ist? Dem Determinimus zufolge ist grob gesagt die Zukunft durch die Vergangenheit und die Naturgesetze vollständig bestimmt. In einer deterministischen Welt gibt es daher anscheinend keinen Platz für eine echte Wahl zwischen zwei Handlungsalternativen. Doch auch eine indeterministische Welt birgt Gefahren für die Idee der Willensfreiheit. Denn sollte in dieser Welt der Zufall regieren, sind unsere Handlungen das Ergebnis von Zufall und nicht von freien Willensentscheidungen. Uns fehlt dann wie in einer determinstischen Welt diejenige Kontrolle über unserer Handlungen, die es erlaubt, uns für unsere Handlungen verantwortlich zu machen. Ist die Idee der Willensfreiheit angesichts dieser Probleme vielleicht eine hartnäckige Illusion, von der wir uns befreien müssen? Was heißt es überhaupt eigentlich genau, über einen freien Willen zu verfügen?
In dem Seminar werden wir diese Fragen anhand klassischer Texte aus der zeitgenössischen Debatte um Willensfreiheit diskutieren.
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4.03.1151 - Zwei Dutzend (oder mehr) Gottesbeweise - das Plantinga-Projekt
- Dr. phil. Gregor Damschen, M.A.
Tuesday: 16:00 - 18:00, weekly (from 02/04/24)
Der bekannte amerikanische Religionsphilosoph Alvin Plantinga hat 1986 in einer Vorlesung in Bellingham, Washington, zwei Dutzend (oder mehr) Beweisansätze für bislang unbekannte ontologische, erkenntnistheoretische, moralische und anderweitige Gottesbeweise vorgelegt. Daraus ist das "Plantinga-Projekt" entstanden, der Versuch, diese zum großen Teil nur bruchstückhaften Ideen zu vollständigen Beweisen auszubauen. Das Ergebnis dieser kooperativen Tätigkeit ist 2018 in Form des Bandes "Two Dozen (or so) Arguments for God. The Plantinga Project" (Oxford U.P.) erschienen. Wir wollen in diesem Seminar überprüfen, welche dieser neuen Beweisideen und Beweisansätze tragfähig sind (und welche nicht).
Literatur:
Walls, Jerry L. / Dougherty, Trent (eds.) (2018): Two Dozen (or so) Arguments for God. The Plantinga Project. Oxford U.P. (open access)
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4.03.1152 - Einführung in die Philosophie der Wissenschaft
- Prof. Dr. Reinhard Schulz
Wednesday: 14:00 - 16:00, weekly (from 03/04/24)
Die moderne Technik beruht auf den Erkenntnissen der Naturwissenschaften, deren Methoden, Hypothesen und Erkenntnisse angesichts von Fake News in Gestalt von weltweit verbreiteten Verschwörungstheorien neuerdings in Zweifel gezogen werden sollen. Demgegenüber suchen in multiplen Krisenzeiten mit Klimakatastrophen, Artensterben, Pandemien und kriegerischer Gewalt die politischen und ökonomischen EntscheidungsträgerInnen vermehrt Gewissheit im wissenschaftlichen Expertenurteil. Nie zuvor wurde die Ambivalenz des technischen Fortschritts daher so deutlich wie heute, wobei sowohl die TrägerInnen wie auch die VerächterInnen dieses Fortschritts unter dem Einfluss von Algorithmen, künstlicher Intelligenz und Robotik sich der gleichen technischen Hilfsmittel bedienen können, um ihre sowohl guten wie auch schlechten Absichten weltweit zu verbreiten. Der vorrangig digital geführte propagandistische Wettstreit verschiedener Meinungen in einer autokratisch dominierten „multipolaren Welt“ soll daher zunehmenden Zweifel am wissenschaftlichen Expertenurteil wecken.
Zweifel und Gewissheit stehen aber schon am Anfang des neuzeitlichen Denkens (z.B. Bacon und Descartes im 16/17. Jhdt.)) und haben den Siegeszug der mathematischen Naturwissenschaft ermöglicht, der angesichts der fortschreitenden Digitalisierung des Sozialen (Steffen Mau) aber schon längst nicht mehr auf Wissenschaft und Technik beschränkt bleibt. Unter diesen Bedingungen erhält die für jedes persönliche Urteil bedeutsame Selbstreflexion bzw. die philosophische Bildung einen immer größeren Stellenwert.
Im Seminar soll deshalb auf vierfache Weise nach der Wissenschaft gefragt werden: naturphilosophisch im Hinblick auf ihre Geschichte, philosophisch hinsichtlich ihrer Wahrheit, wissenschaftstheoretisch bezüglich ihrer Methode und Prognosefähigkeit sowie soziologisch hinsichtlich ihrer gesellschaftlichen Bedeutung mit Hilfe der Wissenschaftsforschung. Der Vergleich dieser Perspektiven soll ein eigenes philosophisches Urteil über die lebensweltlich erfahrene Ambivalenz des naturwissenschaftlichen Fortschritts ermöglichen.
Literatur:
Hans Poser: Wissenschaftstheorie. Eine philosophische Einführung, Stuttgart: Reclam 2001; Jonas Pfister (Hrsg.): Texte zur Wissenschaftstheorie, Stuttgart: Reclam 2016; Manfred Geier: Der Wiener Kreis, Reinbek: rororo 1992; Karl Popper: Logik der Forschung, Tübingen: Mohr Siebeck 2005 (11. Auflage); Thomas S. Kuhn: Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1969 (2. rev. Auflage, Nachdruck 2002, stw 25); Andreas Bartels/Manfred Stöckler (Hrsg.): Wissenschaftstheorie. Ein Studienbuch, Paderborn: UTB 2007: Georges Canguilhem: Wissenschaftsgeschichte und Epistemologie, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1979. stw 286; Wolf Lepenies: Die drei Kulturen. Soziologie zwischen Literatur und Wissenschaft (1985), Frankfurt a. M.: Fischer 2002; Michel Serres (Hrsg.): Elemente einer Geschichte der Wissenschaften, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1994 (2. Aufl. 2002 stw 1355); Ludwik Fleck: Entstehung und Entwicklung einer wissenschaftlichen Tatsache. Einführung in die Lehre vom Denkstil und Denkkollektiv, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1980 (stw 312); Hans-Jörg Rheinberger: Epistemologie des Konkreten, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2006 (stw 1771); Thomas Kirchhoff, Nicole C. Karafyllis u.a. (Hrsg.): Naturphilosophie, 2., aktualisierte und durchgesehene Auflage, Tübingen: Mohr Siebeck 2020; Ulrike Felt, Helga Nowotny, Klaus Taschwer: Wissenschaftsforschung. Eine Einführung, Frankfurt am Main, New York: Campus 1995; Steffen Mau: Das metrische Wir. Über die Quantifizierung des Sozialen, Berlin: Suhrkamp 2017; Dirk Baecker: 4.0 oder die Lücke die der Rechner lässt, Leipzig: Merve 2018; Michael Betancourt: Kritik des digitalen Kapitalismus, Darmstadt: WBG 2016; Michael Volkmer, Karin Werner (Hrsg.): Die Corona-Gesellschaft. Analysen zur Lage und Perspektiven für die Zukunft, Bielefeld: transcript 2020.
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4.03.2303 - Kritisches Denken
Thursday: 10:00 - 12:00, weekly (from 04/04/24) Dates on Thursday, 25.07.2024 09:00 - 17:30, Friday, 26.07.2024 15:00 - 18:00
Dieses Seminar mit Vorlesungscharakter soll Ihr kritisches Denken insofern anregen, als es Ihnen helfen soll, Fehlschlüsse zu identifizieren und damit Denkfehler zu vermeiden. Zuerst wird es darum gehen, wie man Schlüsse bzw. Argumente analysiert und was deduktiv gültige von induktiv gültigen Argumenten unterscheidet. Nach der Unterscheidung zwischen Entdecken, Begründen und Erklären werden verschiedene Arten deduktiver Fehlschlüsse thematisiert. Anschließend stehen induktive und dabei insbesondere statistische und kausale Fehlschlüsse im Blickpunkt. Zur Veranschaulichung werden viele reale Beispiele aus Wissenschaft und Alltag herangezogen.
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