Veranstaltungsdetails - "Tugend-, Sittlichkeits-, Freiheits- und Erziehungslehren stoischen Denkens: Epikur, Seneca, Musonius Rufus und Epiktet"

Veranstaltungsdetails - "Tugend-, Sittlichkeits-, Freiheits- und Erziehungslehren stoischen Denkens: Epikur, Seneca, Musonius Rufus und Epiktet"

Fakultät 4: Human- und Gesellschaftswissenschaften
Institut für Philosophie
Wintersemester 2013/2014
"Tugend-, Sittlichkeits-, Freiheits- und Erziehungslehren stoischen Denkens: Epikur, Seneca, Musonius Rufus und Epiktet"
Zeit: Termine am Mo. 17.02. 10:00 - 17:30, Di. 18.02. - Mi. 19.02. 10:00 - 13:00, Do. 20.02. 10:00 - 17:30, Fr. 21.02. 10:00 - 15:30
Veranstaltungsnummer: 4.03.814
Studienbereiche: Interdisziplinäre Lehreinrichtungen / Professionalisierungsbereich > PB: Fach- und Zwei-Fächer-Bachelor > Bachelor: Modulangebot für Studierende mit außerschulischem Berufsziel > Säule "Überfachliche Professionalisierung" > pb080 Philosophie und Gesellschaft A
Interdisziplinäre Lehreinrichtungen / Professionalisierungsbereich > PB: Fach- und Zwei-Fächer-Bachelor > Bachelor: Modulangebot für Studierende mit außerschulischem Berufsziel > Säule "Überfachliche Professionalisierung" > pb081 Philosophie und Gesellschaft B
Fakultät 4: Human- und Gesellschaftswissenschaften > Master > Philosophie > Aufbaumodule > phi220 Praktische Philosophie - Ethik, Recht, Gesellschaft
Fakultät 4: Human- und Gesellschaftswissenschaften > Master of Education (Wirtschaftspädagogik) > Werte und Normen > Mastermodule > phi220 Praktische Philosophie - Ethik, Recht, Gesellschaft
Fakultät 4: Human- und Gesellschaftswissenschaften > Master of Education (Sonderpädagogik) > Werte und Normen > Mastermodule > phi220 Praktische Philosophie - Ethik, Recht, Gesellschaft
Interdisziplinäre Lehreinrichtungen / Professionalisierungsbereich > PB: Fach- und Zwei-Fächer-Bachelor > Bachelor: Professionalisierungsprogramme > PP "Philosophie und Gesellschaft" > pb080 Philosophie und Gesellschaft A
Interdisziplinäre Lehreinrichtungen / Professionalisierungsbereich > PB: Fach- und Zwei-Fächer-Bachelor > Bachelor: Professionalisierungsprogramme > PP "Philosophie und Gesellschaft" > pb081 Philosophie und Gesellschaft B
Fakultät 4: Human- und Gesellschaftswissenschaften > Zwei-Fächer-Bachelor > Philosophie / Werte u. Normen > Aufbaumodule > phi220 Praktische Philosophie - Ethik, Recht, Gesellschaft
Fakultät 4: Human- und Gesellschaftswissenschaften > Zwei-Fächer-Bachelor > Philosophie / Werte u. Normen > Basismodule > phi120 Grundlagen der Praktischen Philosophie und ihre Vermittlung
DozentIn Prof. Dr. (Yeditepe University) Martin Vialon
Heimat-Einrichtung: Institut für Philosophie
Typ der Veranstaltung: Seminar in der Kategorie Lehre
Art der Veranstaltung: Blockseminar
Beschreibung: Liebe Kommilitoninnen und Kommilitonen! Seien Sie herzlich gegrüßt, leben Sie stets wohl und gut! Mittels solch einer Anrede, die als Maxime das Prinzip harmonischer Lebensführung andeutet, beginnen manche philosophische Schriften und Briefe der Stoiker, obwohl, so möchte man mit dem lyrischen Vers des Horaz argumentieren und zugleich einschränkend anfügen, die Welt an ihren Sorgen und Leiden krachend zusammenstürzen könnte („Si fractus inlabatur orbis, Inpavidum ferient ruinae“; Selbst wenn der Weltbau in sich einstürzt/Treffen die Trümmer noch einen Unerschrockenen). Das Unglück war und ist wohl immer noch im Fluge, weil die Welt unbeständig, voller Unheil und schlecht ist, und das Leben für viele Menschen immer teurer wird. Die römischen Trümmer des Zusammensturzes der verwaisten res publica konnten durchaus eine tapfere Frau oder einen mutigen Mann der plebs urbana, der plebs rustica, des Besitzbürgertums oder der Ritter- und Senatorenschaft getroffen haben, ja selbst Philosophen und Kaiser blieben nicht von den politischen Verschwörungen und Gewaltexzessen verschont. Dabei entwickelt sich durch die gängige Praxis der Ausweisung und Verbannung des Philosophen ins Exil ein kreativer Impuls, der das Aushalten der Passionen thematisiert und vermittels des Gegenleidens eine innere Widerstandskraft freisetzt, die in der vernunftmäßigen Abwendung äußerer Gegebenheiten besteht. Geübte Stoiker verschafften sich dergestalt einen moralischen Halt, der dazu beitrug, dass sie unerschütterlich gegenüber gezielten Verfolgungen oder gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Erschütterungen wurden, die sich seit den Feldzügen, Bürgerkriegen und Sklavenaufständen im 2. und 1. Jahrhundert v. Chr. ereigneten. Die allgemeine Schwächung der Republik führte innerhalb der sozialen und juristischen Gruppen zu einer gesteigerten Polarisierung der römischen Gesellschaft, die insbesondere mit der Reorganisation der römischen Heeresstruktur und der später erfolgten Errichtung des ersten Principats durch Caesar verbunden war. Charakterfeste Haltungen einzelner und auf sich selbst gestellter Persönlichkeiten gaben Anlass zur Hoffnung, konnten aber trotz der durch Kaiser Augustus hergestellten und langandauernden pax romana nicht den inneren Sittenzerfall der republikanischen Polis aufhalten. Wie konnten sich unter diesen Unwegbarkeiten oder Aporien die Sitten- und Tüchtigkeitsideale stoischer Philosophie im Kontext der starken Betonung des Individuums bei dessen gleichzeitiger Integration in das große Pathos der weltbürgerlichen Gemeinsamkeit aller Individuen des römischen Reiches entwickeln? Aus heutiger Perspektive – einer standardisierten Weltordnung – lässt sich kaum abstreiten, dass wohl viele Menschen unseres Zeitalters ähnliche Erfahrungen wie römische Sklaven, Freigelassene und Bürger während individuell leidvoller und pessimistischer Lebensphasen gesammelt haben. Sie speisen sich aus Angst, Furcht, Niedergeschlagenheit, Passivität, ungestillten Leidenschaften und falschen Werturteilen, den Wechselfällen des Daseins, Tod und Trauer, Neid und Eifersucht, der bedrängten Regungen und Neigungen als störende Affekte, die eine Trübung der Gemütsruhe hervorrufen. Leicht kann man zur Beute eigener Instinkte und Triebe werden, die den Optimismus moralisch-eudämonistischer Glücksvorstellungen überlagern und unsere Würde und unser Selbstbildnis aus dem Gleichgewicht bringen können. Und was geschieht außer uns, nah oder fernab unseres jeweiligen Standortes? Dort gibt es die großen Störungen, den Aufruhr in der islamischen Welt, die Naturkatastrophen und organisierten Plünderungen des Planeten, die Kriege und Stellvertreterkriege, unterschiedliche Methoden der Unterdrückung freier Meinungsäußerung, soziale Ungerechtigkeit als Resultat immensen Reichtums weniger privilegierter Familien, alltäglich-ungleiche Erniedrigungen und Elend als vom Menschen selbst geschaffene Verhältnisse, über die das schwache und bedrückte Individuum keine Macht hat – Verhältnisse und Ereignisse, die uns in ihrer krisenhaften Unaufhörlichkeit wie die Horaz‘schen Trümmerteile unter sich zu begraben drohen. Zentrale Fragen und Themen, die zu diskutieren sind, beziehen sich auf die Bedeutung von Epikurs Lehre der Ataraxia und seine materialistische Sitten- und Güterlehre, die außerhalb der griechischen Akademie – im Kepos, einer Art philosophischem Salon – entstanden war. Anknüpfungen, Verwerfungen und Erweiterungen befinden sich in Senecas Schriften, der vor allem die Aufgabe der Philosophie als Heilung von schweren Übeln begreift. Ob er dabei als Fürstenerzieher des Brandschatzers und Christenverfolgers Neros versagt hat, oder ob seine späte Ethik wie diejenige des ehemaligen Sklaven Epiktet („Parrhesia“ als Freiheit des Sprechens und Methode der Seelenleitung) dem Christentum und seiner göttlichen Heilsordnung nahesteht, soll durch Verweis auf die Opferlehre des Jesus Christus geschehen, die sich in jedem Christen zu vollziehen habe, denn auch und gerade derjenige wird gewürdigt, der Unrecht von der Staatsmacht erleidet. Eine Ausnahmestellung nimmt auch Musonius ein, der einen maskulin-emanzipatorischen Feminismus entwickelte, in dem er der Frau das Recht zuspricht, sich philosophisch zu bilden. Organisationsform: Im Mittelpunkt stehen die Lektüre und das philosophische Gespräch über die ausgewählten Stoiker-Texte, die in deutscher Übersetzung gelesen werden. Leistungsnachweise können durch regelmäßige Teilnahme und Diskussionsbeiträge im Seminar sowie kleinere Essays als Hausarbeiten erbracht werden. Gut wäre es, wenn sich alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer die in der Primär-Bibliographie angegebenen Reclam-Bändchen anschaffen könnten. Die Diatriben des Musonius und des Epiktet werden demnächst elektronisch zur Verfügung gestellt. Senecas Briefe (s. Bibliographie: Hrsg.: Manfred Rosenbach) sind in der Universitätsbibliothek vorhanden; idealerweise sollten alle Primärtexte vor Seminarbeginn gelesen sein.
Ort: A06 1-111
TutorInnen: Eike Köhler
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