Seminar: 4.03.323 Werner Krauss: Denker zwischen marxistischer Philosophie und kritischer Philologie - Details

Seminar: 4.03.323 Werner Krauss: Denker zwischen marxistischer Philosophie und kritischer Philologie - Details

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Allgemeine Informationen

Veranstaltungsname Seminar: 4.03.323 Werner Krauss: Denker zwischen marxistischer Philosophie und kritischer Philologie
Untertitel
Veranstaltungsnummer 4.03.323
Semester SoSe2015
Aktuelle Anzahl der Teilnehmenden 3
Heimat-Einrichtung Institut für Philosophie
Veranstaltungstyp Seminar in der Kategorie Lehre
Erster Termin Dienstag, 14.04.2015 08:00 - 10:00, Ort: A14 0-031
Art/Form Seminar
Lehrsprache deutsch

Räume und Zeiten

A14 0-031
Dienstag: 08:00 - 10:00, wöchentlich (13x)
S 2-203
Dienstag: 08:00 - 10:00, wöchentlich (1x)

Studienbereiche

Modulzuordnungen

Kommentar/Beschreibung

Wer war Werner Krauss (1900-1976), und warum lohnt sich die Auseinandersetzung mit seinen Schriften? Krauss war eine mutige und geniale Ausnahmeerscheinung mit moralischer Vorbildfunktion! Zu seiner existentiellen Grenzerfahrung zählt die Mitgliedschaft in der kommunistischen Widerstandsgruppe um Harro Schulze-Boysen, Arvid Harnack und Hans Coppi („Rote Kapelle“). Von der Gestapo verhaftet und vom Reichskriegsgericht im Dezember 1942 zum Tode verurteilt, überlebte er die Kerkerhaft in Berlin-Plötzensee und schrieb in der Todeszelle, gefesselt an Händen und Füßen, den Widerstandsroman „PLN. Die Passionen der halykonischen Seele“ (1946), mehrere spätexpressionistische Gedichte und das wissenschaftliche Buch „Graciáns Lebenslehre“ (1946) – ein moralisches Trostbuch, indem die Klugheitsregeln des spanischen Jesuiten Balthasar de Gracián (1602-1658) untersucht werden. Nach Marburg zurückgekehrt, hatte Krauss am demokratischen Wiederaufbau der Universität mitgewirkt, aber er musste erkennen, dass die „Re-Education“ frühere Nazis im Lehrkörper wieder hoffähig machte. Konsequenterweise nahm er den Ruf an die Universität Leipzig 1947 an und gründete später in Ost-Berlin die Arbeitsgruppe zur Geschichte der deutschen und französischen Aufklärung, lange bevor sich in Westdeutschland die Aufklärungsforschung etablieren konnte.
Bei Erich Auerbach in Marburg 1931 habilitiert, lehrte Krauss zunächst im Umfeld der Marburger Hermeneutik. Aber er dachte ideologiekritisch und über den Tellerrand der Fachdisziplin hinaus, indem er als Literaturwissenschaftler philosophische Basisdeutungen über große Denker der romanischen Welt vorlegte. Vor allem fragte er danach, wie die Dichtung, Philosophie und Sprache in die Zeit versenkt sind und hatte zur Beantwortung dieser Problemstellung eine marxistisch inspirierte Literatur- und Kunstsoziologie entwickelt. Krauss‘ Methodologie zeichnet sich dadurch aus, dass er sprachliche Konstruktionen in Dichtung und Philosophie als historisches Zeugnis desjenigen begreift, der als Schreibender und Intellektueller den gesellschaftlichen Standort in seiner Gegenwart artikuliert.
Im Seminar sollen vier systematische Arbeitsbereiche behandelt werden, die sich auch zur Planung von Unterrichtseinheiten für den Philosophieunterricht oder das Fach Werte und Normen eignen: 1.) Leben, Briefe und Methode, 2.) Französische und deutsche Aufklärungsphilosophie, 3.) Sprachphilosophie und 4.) Marxismusdeutungen und Bildungsphilosophie. Zur Teilnahme sind Studierende eingeladen, die ihr Interesse im Bereich des Zusammenspiels zwischen Philosophie und Literatur sowie Ästhetik, Kultur- und Moralphilosophie vertiefen möchten und dabei einen Denker entdecken können, der zu den großen Skeptikern im 20. Jahrhundert zählt. Als Lektüreeinstieg in der vorlesungsfreien Zeit eigenen sich die Briefe von und an Krauss sowie das in der Todeszelle entstandene Gedicht „Dezember 1942“ und der PLN-Roman (s. bibliographische Angaben).
Primärtexte:
Arbeitsbereich 1 (Leben, Briefe und Methode)
Krauss, Werner: Dezember 1942. Nach dem Todesurteil [1942]. In: Ders.: Vor gefallenem Vorhang. Aufzeichnungen eines Kronzeugen des Jahrhunderts. Herausgegeben von Manfred Naumann. Mit einem Vorwort von Hans Robert Jauss. Frankfurt/Main: Fischer Taschenbuch Verlag 1995, S. 163-167.
  • PLN. Die Passionen der halykonischen Seele [1943/44]. Frankfurt: Vittorio Klostermann, 2. Aufl. 1983.
  • Marburg unter dem Naziregime [1946]. In: Ders.: Ein Romanist im Widerstand. Briefe an die Familie und andere Dokumente. Herausgegeben von Peter Jehle und Peter-Volker Springborn. Berlin: Weidler Buchverlag 2004, S. 63-70.
  • Bericht über meine Beteiligung an der Aktion Schulze-Boysen [1945]. In: Ebd., S. 71-127.
  • Briefe 1922-1976. Herausgegeben von Peter Jehle, unter Mitwirkung von Elisabeth Fillmann und Peter-Volker Springborn. Frankfurt/Main: Vittorio Klostermann Verlag 2002 (darin ausgewählte Briefe von und an Krauss: u. a. Erich Auerbach, Ernst Bloch, Hans-Georg Gadamer, Karl Jaspers, Karl Löwith, Herbert Marcuse, Karl Vossler).
  • Über die Träger der klassischen Gesinnung [1934]. In: Ders.: Das wissenschaftliche Werk, Band 3. Spanische, italienische und französische Literatur im Zeitalter des Absolutismus. Herausgegeben von Peter Jehle. Textrevision und editorische Anmerkungen von Horst F. Müller. Berlin, New York: Walter de Gruyter 1997, S. 330-343.
  • Literaturgeschichte als geschichtlicher Auftrag [1950]. In: Ders.: Das wissenschaftliche Werk, Band 1. Literaturtheorie, Philosophie und Politik. Herausgegeben von Manfred Naumann. Berlin, Weimar: Aufbau-Verlag 1987, S. 5-61.
Arbeitsbereich 2 (Französische und deutsche Aufklärungsphilosophie)
Krauss, Werner: Die Entstehungsgeschichte von Montesquieus „Esprit des lois“ [1963]. In: Ders.: Das wissenschaftliche Werk, Band 5. Aufklärung I. Herausgegeben von Winfried Schröder. Berlin, Weimar: Aufbau-Verlag 1991, S. 291-328.
  • Voltaire [1971/72]. In: Ebd., S. 329-350.
  • Über die Konstellation der deutschen Aufklärung [1961]. In: Ders.: Das wissenschaftliche Werk, Band 7. Aufklärung III. Deutschland und Spanien. Herausgegeben von Martin Fontius. Textrevision und editorische Anmerkungen von Renate Petermann und Peter-Volker Springborn. Berlin, New York: Walter de Gruyter 1996, S. 5-99.
  • Goethe und die Französische Revolution [1973/77]. In: Ebd., S. 283-292.
Arbeitsbereich 3 (Sprachphilosophie)
Krauss, Werner: Über den Standort der Sprache [1949]. In: Ders.: Das wissenschaftliche Werk, Band 8. Sprachwissenschaft und Wortgeschichte. Herausgegeben von Bernhard Hneschel. Berlin, New York: Walter de Gruyter 1997, S. 143-180.
  • Ein Wendepunkt in der Sprachwissenschaft [1950]. In: Ders.: S. 181-184.
  • Der marxistische Standpunkt in den Sprachwissenschaften [1950]. In: Ebd., S. 185-190.
Arbeitsbereich 4 (Marxismusdeutungen und Bildungsphilosophie)
Krauss, Werner: Über marxistische Abweichung in älterer und jüngerer Zeit [1947]. In: Ders.: Das wissenschaftliche Werk, Band 1, S. 414-432.
  • Nationalismus und Chauvinismus [1946]. In: Ebd., S. 380-398.
  • Karl Marx im Vormärz [1953]. In: Ebd., S. 433-484.
  • Das Ende der bürgerlichen Philosophie [1950/75]. In: Ebd., S. 499-515.
  • Max Horkheimer und Theodor W. Adorno: Dialektik der Aufklärung. Philosophische Fragmente [1970]. In: Ebd., S. 343-346.
  • Der Auftrag unserer Hochschule [1945]. In: Ebd., S. 357-360.
  • Die Universität in der Entscheidung (1. Text) [1946]. In: Ebd., S. 361-366.
Forschungsliteratur:
Ette, Ottmar/Fontius, Martin/Haßler, Gerda/Jehle, Peter (Hrsg.): Werner Krauss. Wege – Werke – Wirkungen. Berlin: Berlin Verlag Arno Spitz GmbH 1999.
Hausmann, Frank-Rutger: „Vom Strudel der Ereignisse verschlungen“. Deutsche Roma-nistik im „Dritten Reich“. Frankfurt/Main: Vittorio Klostermann 2000.
Jehle, Peter: Werner Krauss und die Romanistik im NS-Staat. Hamburg, Berlin: Argument-Verlag 1996.
Nerlich, Michael (Hrsg.): Zum deutsch-französischen Verhältnis: Werner Krauss (Sonderheft der Zeitschrift „lendemains. Etudes comparées sur la France/Vergleichende Frankreichforschung“, 18. Jg. 1993, Heft 69/70).

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