Seminar: 4.03.2108 Friedrich Engels als Kritiker der Moderne: Religion, Natur, Sprache, Wissenschaft, Sozialfrage - Details

Seminar: 4.03.2108 Friedrich Engels als Kritiker der Moderne: Religion, Natur, Sprache, Wissenschaft, Sozialfrage - Details

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Allgemeine Informationen

Veranstaltungsname Seminar: 4.03.2108 Friedrich Engels als Kritiker der Moderne: Religion, Natur, Sprache, Wissenschaft, Sozialfrage
Untertitel
Veranstaltungsnummer 4.03.2108
Semester WiSe20/21
Aktuelle Anzahl der Teilnehmenden 56
erwartete Teilnehmendenanzahl 60
Heimat-Einrichtung Institut für Philosophie
Veranstaltungstyp Seminar in der Kategorie Lehre
Erster Termin Montag, 19.10.2020 14:00 - 16:00
Art/Form
Lehrsprache --

Räume und Zeiten

Keine Raumangabe
Montag: 14:00 - 16:00, wöchentlich

Modulzuordnungen

Kommentar/Beschreibung

Möchten Sie verstehen, wo die Anfänge der praktischen Vernunft, ihre Weiterentwicklung, Abstürze, Bruchstellen, Beschleunigungen und Emanzipationsbestrebungen liegen? Beabsichtigen Sie nachzuvollziehen, was aus der Menschheitsgeschichte und Mitwelt im Gesamtzusammenhang geworden ist, wie die Komplexitäten vergangener Gegenwart und gegenwärtiger Vergangenheit von Natur und Gesellschaft gebaut und das gleichzeitige Gefühl des Unwohlseins an produzierten Lebens- und Ungleichheitsverhältnissen als dystopische Tendenzen künftig zu überwinden sind?
Es gibt kaum ein wissenschaftliches Arbeitsgebiet, das der im frühindustrialisierten Barmen (Bergisches Land) geborene Friedrich Engels (1820-1895) – gelernter Kaufmann und späterer Mitbesitzer einer englischen Wollspinnfabrik in Manchester – als Theoretiker und Kritiker der kapitalistischen Moderne, engster Freund, Mäzen, Inspirator und Gesprächspartner von Karl Marx, Mitbegründer und Organisator der international ausgerichteten kommunistischen Arbeiterbewegung, nicht behandelte: Wirtschaft, Geschichte, Wissenschaft, Staat, Politik, Kriegswesen, Kunst, Religion und Gesellschaft. Tief verwurzelt im Pietismus, erkannte Engels schon im väterlichen Textilbetrieb die soziale Not der lohnarbeitenden Klasse, befreite sich aus der Beklemmung religiös-protestantischer Bevormundung durch kommentierende Berichte über den Bremer Pietismus-Streit und das Studium der Werke Hegels, Schellings und Feuerbachs; es folgen erste Gedichte, literaturkritische und journalistische Glossen über Dichter wie Karl Gutzkow, August v. Platen, Alexander Jung oder Karl Immermann, die in Vormärz-Zeitschriften und Tageszeitungen, teils unter dem Pseudonym Friedrich Oswald, veröffentlicht wurden.
Engels‘ erste Begegnung mit Marx 1842 verlief kühl. Dagegen bewirkte ein Treffen im August und September 1844 (insgesamt 12 Tage) die Wendung und gesteigerte publizistische Tätigkeit, die ihn – zensurbedingt – zunächst ins Exil nach Paris und Brüssel zwang. Nach der Märzrevolution von 1848 und nach seiner Beteiligung an bewaffneten Kämpfen in Elberfeld, der Pfalz und in Baden, flüchtete Engels 1849 über die Schweiz nach London, wo er eine berufliche Doppelexistenz als Unternehmer und „organischer Intellektueller“ (A. Gramsci) führte. Als Sprachgenie und glänzender Stilist, der 12 Sprachen aktiv und 20 Sprachen passiv beherrschte, war er über die sozialistische Entwicklung in Europa, den amerikanischen Sezessionskrieg und die Abschaffung der Sklaverei gut informiert und konnte vor allem bei der Ausarbeitung seiner Studien, Aufsätze und Essays aus vielen historischen Originalquellen schöpfen. Es entstehen erste symphilosophische Streit- und Schlüsselschriften des historisch-dialektischen Materialismus wie „Die deutsche Ideologie“ (1845/46) oder „Manifest der Kommunistischen Partei“ (1848, seit 2013: UNESCO-Weltdokumentenerbe) in wechselseitiger Anregung, wodurch beide Philosophen gleichsam an die frühromantische Schreibpraxis der Autoren der Zeitschrift „Athenaeum“ anknüpften. Aber Engels ist und bleibt viel mehr als nur Zuarbeiter, Stichwortgeber oder Herausgeber von Marx‘ posthum veröffentlichten Kapital-Bänden (Bd. 2., 1885; Bd. 3., 1894). Schon mittels des frühen Aufsatzes „Umrisse zu einer Kritik der Nationalökonomie“ (1844) hatte er eine wichtige Vorstufe zu Marx‘ 1867 erschienenen Analyse der Maschinerie des modernen Industriekapitalismus und der Arbeitswertlehre vorgelegt.
Systematisch soll der Zugriff auf Engels als Gesellschaftstheoretiker, Anthropologe, Moderne-Kritiker und Geschichts- und Naturphilosoph erfolgen, der sich an den zeitgenössischen Gedankenbewegungen der Literatur und Philosophie des Selbstbewusstseins (Heine, Börne), Max Stirners Anarchismus oder den englischen Chartisten und französischen Sozialisten und Utopisten polemisch abrieb. Allerdings hatte Engels die bestehenden Verhältnisse nicht nur anders interpretiert, um sie wie jene, dem Idealismus verhafteten Denker, bloß anzuerkennen, sondern seine neue Philosophie zeichnete sich durch historisch fundierte Kritik als intendierte Veränderung der bürgerlich-kapitalistischen Eigentums- und Rechtsordnung aus, die vom Industrieproletariat als revolutionäre Trägergestalt praktisch zu bewerkstelligen sei.
Voraussetzungen: Leidenschaft und Lust, sich auf Engels‘ Texte einzulassen und Interesse, im Anschluss an das Seminar, je nach Corona-Lage, an einer Exkursion nach Bad Frankenhausen teilzunehmen, um dort das große Panoramagemälde über Thomas Müntzer und den deutschen Bauernkrieg (1525) „Die frühbürgerliche Revolution in Deutschland“ (1976-1987) von Werner Tübke zu besichtigen.
Zu ersten Sitzung sollte der Text „Ludwig Feuerbach und der Ausgang der klassischen deutschen Philosophie“ gelesen sein. Die in der Bibliographie und im Zeitplan aufgelisteten Primärschriften werden im Seminar methodisch, begrifflich und kontextualisierend behandelt und sollten zur jeweiligen Sitzung vorbereitet sein. Ergänzend erleichtert die neuere und reichhaltige Forschungsliteratur den thematischen Einstieg und lädt zu vertiefenden Studien ein. Besonders zu empfehlen ist das Engels-Buch des Historikers und Politologen Georg Fülberth (Schüler von Wolfgang Abendroth, Lehre in Marburg von 1972 bis 2004); auf biographischer und lokalhistorischer Ebene vermittelt das Engels-Sonderheft des Bergischen Geschichtsvereins ergiebige Quellen und Aspekte zur Editions- und Wirkungsgeschichte. Alle Engels-Schriften und die Forschungsliteratur sind in meinem Seminar-Handapparat der UB zugänglich.
Primärliteratur:
Engels, Friedrich: Schelling, der Philosoph in Christo, oder die Verklärung der Weltweisheit zur Gottesweisheit [1842]. In: Karl Marx/Friedrich Engels: Werke. Band 41. Herausgegeben von der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Gesellschaftsanalyse und Politische Bildung e. V. Berlin: Karl Diez Verlag 2008, S. 223-245 (MEW, mit Band- und Seitenzahl).
Umrisse zu einer Kritik der Nationalökonomie [1844]. In: MEW 1, S. 499-524.
Die Lage der arbeitenden Klasse in England. Nach eigener Anschauung und authentischen Quellen [1844/45]. In: MEW 2, S. 225-506.
Grundsätze des Kommunismus [1847]. In: MEW 4, S. 361-380.
Marx, Karl/ Engels, Friedrich: Manifest der Kommunistischen Partei [1848]. In: MEW 4, S. 459-493.
Der deutsche Bauernkrieg [1850]. In: MEW 7, S. 327-413.
Anteil der Arbeit an der Menschwerdung des Affen [1876]. In: MEW 20, S. 444-455.
Herrn Eugen Dührings Umwälzung der Wissenschaft („Anti-Dühring“) [1876-1878]. In: MEW 20, S. 1-303.
Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft [1880]. In: MEW 19, S. 177-228.
Bruno Bauer und das Urchristentum [1882]. In: MEW 19, S. 297-303.
Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats. Im Anschluss an Lewis H. Morgans Forschungen [1884]. In: MEW 21, S. 25-173.
Ludwig Feuerbach und der Ausgang der klassischen deutschen Philosophie [1886]. In: MEW 21, S. 259-307.
Forschungsliteratur:
Altvater, Elmar: Engels neu denken. Das hellblaue Bändchen zur Einführung in die „Dialektik der Natur“ und die Kritik von Akkumulation und Wachstum. Hamburg: VSA Verlag 2015.
Bluma, Lars (Hrsg.): Friedrich Engels. Ein Gespenst geht um in Europa. Begleitband zur Engelsausstellung 2020. Remscheid: Bergischer Verlag 2020.
Friedrich Engels (1820-1895). Friedrich Engels-Jahr 2020. Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins (Geschichte im Wuppertal), 29. Jg. Neustadt an der Aisch: VDS Verlagsdruckerei Schmidt 2020.
Fülberth, Georg: Friedrich Engels. Köln: PapyRossa Verlag 2018.
Hunt, Tristram: Friedrich Engels. Der Mann, der den Marxismus erfand [2009]. Aus dem Englischen von Klaus-Dieter Schmidt. Berlin: List Taschenbuch 2020.
Leisewitz, André/Schwarz, Winfried: Geschlechterverhältnisse und Engels „Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats“ (Teil II). In: Zeitschrift Marxistische Erneuerung. Herausgegeben vom Forum Marxistische Erneuerung e. V. (Frankfurt/Main) und dem IMSF e. V., Nr. 122, Juni 2020, S. 119-130 (darin der Schwerpunkt: „Engels – Geschichte, Natur, Gesellschaft“, S. 34-130).
Mayer, Gustav: Friedrich Engels. Eine Biographie. Erster Band: Friedrich Engels in seiner Frühzeit [1919]. Zweite, verbesserte Auflage. Haag: Martinus Nijhoff 1934. Ders.: Zweiter Band: Engels und der Aufstieg der Arbeiterbewegung in Europa. Haag: Martinus Nijhoff 1934.
Zeitplan:
19. 10. 2020 Einführung; Ludwig Feuerbach und der Ausgang der klassischen deutschen Philosophie.
26. 10. 2020 Ludwig Feuerbach.
02. 11. 2020 Schelling, der Philosoph in Christo.
09. 11. 2020 Bruno Bauer und das Urchristentum.
16. 11. 2020 Der deutsche Bauernkrieg.
23. 11. 2020 Umrisse zu einer Kritik der Nationalökonomie.
30. 11. 2020 Grundsätze des Kommunismus; Die Lage der arbeitenden Klasse in England.
07. 12. 2020 Das Manifest der Kommunistischen Partei.
14. 12. 2020 Anteil der Arbeit an der Menschwerdung des Affen; Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats.
21. 12. 2020 Der Ursprung der Familie.
11. 01. 2021 „Anti-Dühring“.
18. 01. 2021 „Anti-Dühring“.
25. 01. 2021 Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft.
01. 02. 2021 Die Entwicklung des Sozialismus, Abschlussgespräch.

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