Seminar: 4.03.312 Messianismus: E. Bloch, W. Benjamin, W. Nigg - Details

Seminar: 4.03.312 Messianismus: E. Bloch, W. Benjamin, W. Nigg - Details

Sie sind nicht in Stud.IP angemeldet.

Allgemeine Informationen

Veranstaltungsname Seminar: 4.03.312 Messianismus: E. Bloch, W. Benjamin, W. Nigg
Untertitel
Veranstaltungsnummer 4.03.312
Semester WiSe18/19
Aktuelle Anzahl der Teilnehmenden 37
Heimat-Einrichtung Institut für Philosophie
Veranstaltungstyp Seminar in der Kategorie Lehre
Erster Termin Montag, 15.10.2018 16:00 - 18:00, Ort: A14 0-030
Art/Form Seminar
Lehrsprache deutsch

Räume und Zeiten

A14 0-030
Montag: 16:00 - 18:00, wöchentlich (14x)

Modulzuordnungen

Kommentar/Beschreibung

Der Terminus Messianismus stammt aus altorientalischen und jüdisch-christlichen Quellen. Aufgefasst als Bestreben, dass das Reich Gottes auf Erden durch das Kommen eines Erlösers und dessen Anhängerschaft zu verwirklichen sei, könnte auf universaler Ebene das friedvolle Ende bestehender Gesellschaftskonflikte erreicht werden. Bereits im biblisch-poetischen Narrativ von der Naturunterwerfung des Planeten als von Gott an den Menschen gerichtete Aufgabe (Gen 1) sind die Bestimmungen des göttlichen Wesens als Zweck des menschlichen Wesens vorgezeichnet. Nicht die Beschlagnahme des Reichtums durch Gott oder dessen Hypostasierung als religiöse Entfremdung, sondern der Auftrag profaner Umkehrung, dass Menschen ihr entfremdetes Gattungswesen wieder an sich nehmen, betrifft die unheilige Praxis des leiblich-geistig tätigen Erdenbewohners. Jedoch verkörpern selbst geschaffene Produktionsverhältnisse nicht nur die positiven, sondern auch die negativen Seiten der Arbeit, die sich historisch als Prozess von der einfachen Warenproduktion hin zum Industriekapitalismus zeitigten.
Es geht in dieser Lehrveranstaltung, trotz und gerade wegen der „ökonomischen Scheiße“ (Marx an Engels: 2. 4. 1851, bezogen auf die Kapital-Analyse), um die Vermittlung eines notwendigen Anspruchs, der Mut machen möchte, in verlorene Ideenbereiche kritischen Denkens einzutauchen. Im Zentrum philosophischer Anthropologie angelangt, wird das Seminar dystopisch und utopisch verdichtete Aspekte entlang der Lektüre geschichtsphilosophischer Texte Walter Benjamins, Ernst Blochs und des Schweizer Reformtheologen Walter Nigg freilegen. Dabei soll der Nachvollzug dessen gelingen, was Bloch als „aufrechten Gang“ oder den „Vorschein realer Hoffnungswelt“ bezeichnete, Nigg als chiliastische Offenbarungsdeutung verstand und Benjamin mittels der Metapher eines erkenntnisverheißenden Engels ausdrückte. Paul Klees aquarellierte Zeichnung „Angelus Novus“, die Benjamin 1921 erwarb, inspirierte ihn zu vielschichtigen Reflexionen. Denn der Engel blickt auf die Trümmer unabgegoltener Vergangenheit, wo im historischen Prozess unterlegene, erschlagene oder erniedrigte Subjekte im Raubvorgang der Ausbeutung vergessene Erlösungshoffnungen repräsentieren; sie stehen quer zum Fetischcharakter der Waren und dem „Gewaltcharakter der Ökonomie“ (B. Brecht), die stattdessen den Nebel des falschen Bewusstseins vergolden.
Für die ersten 4-5 Sitzungen ist Benjamins methodisch höchst anspruchsvoller, variantenreicher und marxistisch-messianisch inspirierter Text „Über den Begriff der Geschichte“ (1939/40) vorzubereiten. Besonders zur Interpretation der IX. These über den „Engel der Geschichte“ werden auch Subtexte wie Gedichte und kurze Essays herangezogen, die von Dichtern wie Volker Braun, Bert Brecht, Erich Fried, Peter Härtling, Günter Kunert oder Heiner Müller stammen. Weitere Hinweise und der Zeit- und Ablaufplan werden in der ersten Sitzung bekanntgegeben. Zur Einarbeitung in die Primärschriften und die sie ergänzende Forschungsliteratur sei das Studium folgender Texte (s. Bibliographie) empfohlen:
Primärschriften:
Benjamin, Walter: Über den Begriff der Geschichte [1939/40]. In: Ders.: Illuminationen. Ausgewählte Schriften 1. Frankfurt/Main: Suhrkamp Verlag 1977, S. 251-261.
– Über den Begriff der Geschichte. In: Werke und Nachlaß. Kritische Gesamtausgabe, Bd. 19. Herausgegeben von Gérard Raulet. Frankfurt/Main Suhrkamp Verlag 2010, S. 6-106.
Bloch, Ernst: Zur Originalgeschichte des Dritten Reiches. In: Ders.: Erbschaft dieser Zeit [1935]. Erweiterte Ausgabe. Frankfurt Main: Suhrkamp Verlag 1985, S. 126-152.
– Nicht Hades, sondern Himmel. In: Ebd., S. 152-160.
– Die Welt, worin utopische Phantasie ein Korrelat hat; reale Möglichkeit, die Kategorien Front, Novum, Ultimatum und der Horizont. In: Das Prinzip Hoffnung [1937-47]. Erster Band. Frankfurt/Main: Suhrkamp Verlag 1980, S. 224-250.
– Weltveränderung oder die Elf Thesen von Marx über Feuerbach. In: Ebd., S. 288-327.
– Schloßgarten und Bauten Arkadiens. In: Ebd., S. 449-453.
– Malthus, Geburtenziffer, Nahrung. In: Das Prinzip Hoffnung. Zweiter Band 2, S. 542-544.
– Die Sorge des Arztes. In: Ebd., S. 545 f.
– Kampf ums neue Weib, Programm der Frauenbewegung. In: Ebd., S. 687-698.
– Altneuland, Programm des Zionismus. In: Ebd., S. 698-713.
– Dargestellte Wunschlandschaft in Malerei, Oper, Dichtung. In: Ebd., S. 929-981.
– Wachsender Menscheinsatz ins religiöse Geheimnis, in Astralmythos, Exodus, Reich; Atheismus und die Utopie des Reichs. In: Das Prinzip Hoffnung. Dritter Band, S. 1450-1509.
– Bibel. In: Antike Philosophie. Leipziger Vorlesungen zur Geschichte der Philosophie 1950-1956. Band 1. Herausgegeben von Ruth Römer und Burghart Schmidt. Bearbeitet von Beat Dietschy und Hanna Gekle. Frankfurt/Main: Suhrkamp Verlag 1985, S. 449-494.
– Frohbotschaft als Gegenzug zur Furcht des Herrn, Einsatz Jesu in Jachwe. In: Atheismus im Christentum. Zur Religion des Exodus und des Reichs [1968]. Frankfurt/Main: Suhrkamp Verlag 2009, S. 173-183.
– Moralische und eschatologische Beleuchtung in den Evangelien. In: Ebd., S. 183-190.
– Menschensohn als Geheimzeichen. Christi statt Gottessohn; „Geheimnis des Reiches“. In: Ebd., S. 190-201.
– Echte Aufklärung macht weder trivial noch hintergrundlos. In: Ebd., S. 313-318.
– Beschluss: Marx und Abtun der Entfremdung. In: Ebd., S. 348-354.
Nigg, Walter: Das ewige Reich. Geschichte einer Hoffnung [1944]. Zürich: Diogenes Verlag 1996.
Wizisla, Erdmut/Opitz, Michael: Glückloser Engel. Dichtungen zu Walter Benjamin. Frankfurt/Main, Leipzig: Insel Verlag 1992.
Forschungsliteratur:
Desroche, Henri: Messianismus. In: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft. Herausgegeben von Kurt Galling. Vierter Band. Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck), 3. Auflage 1960, S. 895-900.
Frankfort, Henri: Alter Orient – Mythos und Wirklichkeit [1946]. Übersetzt von Peter Dülberg. Stuttgart: Verlag W. Kohlhammer 1981.
Gagnebin, Jeanne Marie: „Über den Begriff der Geschichte“. In: Benjamin-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung. Herausgegeben von Burkhardt Lindner. Stuttgart, Weimar: Verlag J. B. Metzler 2006, S. 284-300.
Gandler, Stefan: Materialismus und Messianismus. Zu Walter Benjamins Thesen „Über den Begriff der Geschichte“. Bielefeld: Aisthesis Verlag 2008.
Löwy, Michael: Erlösung und Utopie. Jüdischer Messianismus und libertäres Denken. Eine Wahlverwandtschaft. Übersetzung aus dem Französischen von Dieter Kurz und Heidrun Töpfer. Berlin: Karin Kramer Verlag 1997.
Mayer, Hans: Der Zeitgenosse Walter Benjamin. Frankfurt/Main: Jüdischer Verlag 1992.
Ruschig, Ulrich: Weiterdenken in marxistischer Tradition. Horkheimers Engels-Kritik. In: Der aufrechte Gang im windschiefen Kapitalismus. Modelle kritischen Denkens. Herausgegeben von Rüdiger Dannemann, Henry Pickford und Hans-Ernst Schiller. Wiesbaden: VS Springer Verlag 2018, S. 93-119.
Vialon, Martin: Neuere Benjamin-Lesarten und ihre Kritik. In: Jahrbuch der Internationalen Georg Lukács-Gesellschaft. Herausgegeben von Frank Benseler und Werner Jung, Jg. 10./11., 2006/07, Bielefeld: Aisthesis Verlag 2007, S. 83-103.

Anmelderegeln

Diese Veranstaltung gehört zum Anmeldeset "Anmeldung gesperrt (global)".
Erzeugt durch den Stud.IP-Support
Folgende Regeln gelten für die Anmeldung:
  • Die Anmeldung ist gesperrt.
Zurück