Während das Lateinische nur ein einziges Wort – 'laudavi' – benötigt, um die 3. Pers. Sg. Ind. Perf. Akt. des Verbs 'laudare' ('loben') zu bezeichnen, umfasst dieselbe Form im Deutschen drei Wörter: 'ich habe gelobt'. Im Unterschied zum Lateinischen wird die Form also analytisch gebil-det, d.h. mithilfe von Umschreibungen (Periphrasen). Das war nicht immer so. Das Perfekt als eine das synthetische Präteritum ergänzende und es in der Gegenwartsprache zunehmend ver-drängende Möglichkeit, vergangene Handlungen auszudrücken, entstand erst während des Alt-hochdeutschen. Schon August Wilhelm Schlegel kam daher zu dem Schluss, dass das Deut-sche sich in seiner Geschichte von einer synthetischen zu einer eher analytischen Sprache ge-wandelt habe. Demgegenüber steht freilich der Befund, dass der Synthese-Index des Deutschen vergleichsweise konstant bleibt, also nicht – wie bei einer systematischen Tendenz zum Synthe-seabbau zu erwarten wäre – sinkt.
Ziel des Seminars ist es, an ausgesuchten grammatischen Phänomenen die Grundlagen für bei-de Befunde kennenzulernen, sie ins Verhältnis zu setzen und daraus schließlich Aussagen über die eindeutige typologische Kategorisierbarkeit des Deutschen und über die Bedingtheit von Ty-pologisierungs-Modellen ableiten zu können. Dabei ist das Seminar diachron angelegt, setzt al-lerdings einen Schwerpunkt in den älteren Sprachstufen. So wird die Entstehung verbaler und nominaler Periphrasen im Alt- und Mittelhochdeutschen (analytisches Perfekt, ‚werden‘-Futur, ‚würde‘-Konjunktiv, Entwicklung des obligatorischen Subjektspronomens und Artikels) sowie die mit ihnen verbundenen Grammatikalisierungvorgänge das zentrale Thema sein. Kontrastierend hierzu werden dann gegenläufige Tendenzen zur Synthese untersucht, etwa die Pluralbildung mit Umlaut oder die insbesondere in der Gegenwartssprache zu beobachtende Entwicklung hin zu flektierenden Präpositionen.
Prüfungsart: Klausur oder Portfolio (je nach Pandemie-Lage)
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