Jean Amérys "Jenseits von Schuld und Sühne" ist eine Essay-Sammlung, in der Améry seine Erfahrungen als Opfer des Nationalsozialismus reflektiert. Sie gehören zum Eindringlichsten und Präzisesten, was zum Verständnis des Nationalsozialismus geschrieben wurde. Sie stellen sicherlich keinen "üblichen" Gegenstand philosophischer Seminare dar und zwar schlicht deswegen, weil sie nicht vom Begriff ausgehen, sondern von der subjektiven Erfahrung der Folter, der antisemitischen Ausgrenzung und Gewalt. Gerade wegen dieses radikal subjektiven Ausgangspunkts entfalten Amérys Texte jedoch eine philosophische und politische Sprengkraft, die theoretischen Auseinandersetzungen mit dem Nationalsozialismus meistens nicht zukommt.
In diesem Seminar sollen einige der Essays aus "Jenseits von Schuld und Sühne" gelesen und diskutiert werden. Bezugspunkte werden dabei ebenso neuere Auseinandersetzungen mit Améry sein wie auch das Verhältnis seiner Arbeiten zur Kritischen Theorie.
Das Thema des Seminars ist höchst anspruchsvoll, grundlegende Kenntnisse der praktischen Philosophie, speziell der politischen Philosophie und der Sozialphilosophie sind unverzichtbar. Die Texte Amérys erfordern eine geduldige und genaue Lektüre, die von allen Teilnehmer*innen erwartet wird. Unbedingt erwartet wird auch die Bereitschaft zur Lektüre englischsprachiger Forschungsliteratur.
Auf der der StudIP-Seite dieses Seminars findet sich eine digitale Fassung von "Jenseits von Schuld und Sühne" sowie des Aufsatzes "Die Tortur". Eine Anschaffung des Essaybandes wird dennoch empfohlen. Weitere Forschungsliteratur wird entweder - so weit es geht - digital zugänglich gemacht oder in einem Ordner im Semesterapparat der Philosophie im 3. Stock der UB zu finden sein.