Jürgen Habermas warf im Zuge seiner Auseinandersetzung mit der ersten Generation der Frankfurter Schule Fragen auf, die bis heute die Debatten prägen: Wie und aus welchen Gründen ist die bestehende Gesellschaft zu kritisieren? Welche normativen Kriterien liegen unserer Bewertung des status quo zugrunde? Und was ist die Quelle dieser Kriterien? Adorno und Horkheimer, so Habermas, hätten auf Grundlage ihrer Vernunft-Genealogie in der Dialektik der Aufklärung keine schlüssige Antwort auf diese Fragen mehr geben können; die von Beginn an mit Instrumentalisierung und sozialer Herrschaft verstrickte, schließlich im Menschheitsverbrechen des Holocaust mündende Vernunft konnte ihnen nicht länger als emanzipatorischer Bezugspunkt dienen. Die Begründer der Kritischen Theorie hätten die normativen Grundlagen ihrer eigenen Kritik diskreditiert und sich damit buchstäblich den Boden unter den Füßen weggezogen. Um dieses normative Begründungsdefizit seiner Vorgänger zu beheben, arbeitete Habermas an einer sprechakttheoretischen Lösung: Jeder, der sich auf eine Argumentation einlässt, erhebe (implizit) Geltungsansprüche, aus denen sich ein oberstes Moralprinzip ableiten lasse. Ähnlich wie der kategorische Imperativ Kants formuliert die Diskursethik nicht selbst konkrete soziale Normen, sondern stellt mit dem Universalisierungsgrundsatz ein Prüfverfahren zur Verfügung, das nicht von den Wertorientierungen dieser Gesellschaft abhängig ist, sondern sich aus dem normativen Telos der Sprache ergebe.
Veranstaltungsformat: Alle 14 Tage findet eine Videokonferenz (BigBlueButton) statt, in der die zwischenzeitlich vorzubereitenden Textabschnitte besprochen werden.
Literatur: Alle Texte, die besprochen werden, stehen unter dem Reiter "Dateien" als Scan zur Verfügung.
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